Hauptsache kein Plastik!
CosmeticBusiness 2022: Wie Verbraucher das Thema Nachhaltigkeit einschätzen
„Hauptsache kein Plastik!“ Mit dem Titel seines Vortrags auf der CosmeticBusiness 2022 griff Dr. Stephan Telschow von der Gesellschaft für innovative Marktforschung (GIM) einen markanten Punkt heraus, der die Wahrnehmung des Themas Nachhaltigkeit durch die Verbraucher gut beschreibt. Nämlich als ein Thema, bei dem viel Bauchgefühl mit im Spiel ist. Wie sich dennoch Nachhaltigkeitsbotschaften gut vermitteln lassen, erläuterte der Marktforscher anhand verschiedener Studienergebnisse der GIM.
Die Pandemie schärft die Wahrnehmung
Für Verbraucher hat das Thema Nachhaltigkeit mit der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. Laut Teltschow ist das zum einen eine Folge des Verzichts, der zu mehr Einkaufen mit Bedacht geführt hat. Zum anderen hatten Verbraucher durch das vermehrte Online-Shopping begonnen, sich intensiver mit Produkten und Marken auseinanderzusetzen. Als die wichtigsten Treiber sieht Teltschow dabei: „Es ist besser für die Umwelt“, „Es ist besser für mich“ und „Nachhaltigkeit ist cooler“.
Nachhaltigkeit scheint für Verbraucher auch in der Wahrnehmung recht klar geregelt. So stellt sich das Thema für sie in erster Linie über die Verpackung dar. Hier gelten laut Teltschow vor allem zwei Regeln. Die eine lautet „Weniger ist mehr“. Jedes Verpackungselement, für das Verbraucher keine Funktion erkennen, gilt als überflüssig. Für Hersteller bedeutet das, Verpackungsmaterial soweit wie möglich zu reduzieren oder seine Funktionen deutlich zu machen. Die zweite Regel lautet „Hauptsache kein Plastik“. In den meisten europäischen Ländern wird laut Teltschow Kunststoff per se als „böse“ angesehen. Es steht für die Wegwerfgesellschaft und für Mikroplastik. Dass sich hier mit Recycling einiges nachhaltiger gestalten lässt als zum Beispiel bei Papierprodukten, erreicht nur wenige Verbrauchergruppen, so Teltschow. Der Marktforscher nennt noch eine weitere Regel, die über das Verpackungsthema hinausgeht: Ein Produkt ist nachhaltig oder nicht. Ist es beispielsweise „nur“ zu 60 Prozent aus recycelten Materialien hergestellt, wird dies selten als „nachhaltig“ wahrgenommen.
Eine Aufgabe des Storytelling
Für Teltschow sind die Beispiele Beleg dafür, dass Nachhaltigkeit beim Verbraucher viel mit Bauchgefühl zu tun hat. Sein Fazit daher: Nachhaltigkeit ist in erster Linie eine Aufgabe des Storytelling. Es geht weniger um einzelne Maßnahmen, sondern um die Geschichte darum. Verbraucher interessiert die Haltung des Unternehmens, die dahinter steckt, und das Ziel, das es damit verfolgt. Dass dieser Weg sehr gut funktioniert, zeigen die Nischenmarken, so Teltschow. Ihnen fällt es leicht, über ihre meist persönlichen Gründer-Geschichten Ziele und Bestreben darzustellen.
Abschließend rät der Marktforscher: Es kommt aufs Gesamtpaket an. Er empfiehlt, offen über Nachhaltigkeit zu berichten, auch kleine Schritte zu schildern und auch Grenzen oder Rückschritte aufzuzeigen. Denn wenn das Nachhaltigkeitsengagement als glaubwürdig wahrgenommen und kein Greenwashing vermutet wird, dann lassen sich Verbraucher durchaus auch auf die meist höheren Preise für nachhaltige Produkte ein. Das zeigt der Bereich der Naturkosmetik.
Der Vortrag ist für registrierte Nutzer in der Mediathek abrufbar unter https://www.cosmetic-business.com/programm/cosmeticbusiness/4791 .